08. September 1997
Kampf dem "'"
Von Rainer Stache

Ob Stock's Männermode, Dietrich's Wäschewelt und Jan's Jeans: Keine Geschäftsstraße in Berlin, die inzwischen nicht dem falschen Genitiv-Apostroph frönt. Nicht nur Marktführer in Sachen falsches Apostroph wie Kaiser's oder Beck's zeigen uns Rechtschreibpuristen seit Jahrzehnten, daß wir den Kampf wohl schon zu Kaiser(')s Zeiten verloren haben. Spätestens, als die Backwaren von Thoben spontan zu Thoben's Backwaren mutierten. Wir wollen aus den Apostrophen auch gar keine Katastrophen machen. Wir könnten, sozusagen als vorweggenommene Rechtschreibreform, auch damit leben, sollte Diepgen's Senat auf's äußerste protestieren, wenn Tegel's Flughafen schlösse. Oder wenn die Handwerk'skammer sich in Springer's Morgenpost zur Arbeit'slosigkeit äußerte.

Doch wenn der falsche Apostroph über den Genitiv hinaus in den Plural oder gar in(')s Hemmungslose wuchert, gilt es, die Front neu zu ziehen. Jetzt schlägt's Dreizehn rufen wir durchaus zu Recht, wenn wir bei Stock's oder Dietrich's plötzlich T-Shirt's kaufen müssen, und auf den Magen schlägt's uns ebenso, wenn wir bei Ambrosius in Tiergarten eine Schwein's Haxe vorgesetzt bekommen. Wohl auch, weil Steak's schon so sehr zum schlechten Ton gehören wie CD's in Musik-Shop's.

"Das macht nicht's", stimmte kürzlich eine Berliner Tageszeitung die vorerst letzte Strophe vom traurigen Lied der Apostrophe an. Doch Hoffnung naht aus dem englischen Sprachbereich, woher der falsche Genitiv einst kam. Denn dort macht man den Fehler inzwischen genau umgekehrt. Auch wenn der Kulturschock ansteht, nicht mehr bei Hirni's Imbis's zu speisen, sondern bei McDonalds, sei erneute Nachahmung den Deutschen empfohlen.


©Berliner Morgenpost 1997

ZURÜCK